Michel und das Wettrennen - Hamstergeschichten |
Schleichi, die Blindschleiche kringelt sich schon erwartungsvoll über den Boden, der Hirschkäfer lässt sich nochmals seine Beinchen massieren, Knickohr aus der Hasenmannschaft beäugt aufmerksam das putzmuntere Eichhörnchen, den Gewinner vom letzten Jahr. Immer und immer wieder streicht es sich aufgeregt über die Pinselöhrchen und meint: „Wann ist es denn endlich soweit?“
„Wir hätten schon beginnen können“, brummt Waschbär zur Eule und beide richten ihren Blick auf den leeren Platz der Igelfamilie. „Wo bleibt denn nur wieder die Igeldame Pieksi?“ Leicht ungehalten tippt der Waschbär auf die Uhr. „Na, geben wir ihr noch 3 Minuten, dann muss das Rennen aber starten“, bemerkt Eule.
Michel, der sich auch so seine Gedanken über das Fehlen der Igelfamilie macht, will sich gerade in Bewegung setzen, als Pieksi endlich, samt der ganzen Sippe, am Startpunkt erscheint.
Mit rotem Kopf entschuldigt sie sich für ihre Verspätung.
„Ich habe heute Nacht kaum ein Auge zubekommen. Mein kleines Igelchen bekommt den ersten Zahn und an Schlaf war nicht zu denken. In der Frühe sind wir dann endlich eingeschlummert und ich habe den Wecker einfach nicht gehört.“
„Nun ja, jetzt aber hurtig“, räuspert sich die Eule und gibt das Zeichen zum Start. Die kleine Wachtel saust als Erste los. Dicht gefolgt von Eichhörnchen und Knickohr. Pieksi legt sich auch mächtig ins Zeug, doch als eine scharfe Rechtskurve vor ihr liegt verfehlt sie den Abzweig und stolpert über eine dicke Wurzelknolle der alten Eiche. Vor lauter Schreck rollt sie sich in Igelmanier zusammen und kullert den Hang hinunter. Michel, der alles beobachtet hat, springt eilends hinterher und bremst wagemutig mit einem Stück alter Baumrinde die Igeldame aus. Endlich kommt sie zum Stillstand und erhebt sich torkelnd um sich gleich wieder auf ihr Hinterteil zu setzen. „Ach, herrjemine, das wird wohl nichts mehr“, meint sie trauriger Stimme. “Mir ist es einfach zu schwindelig. Wo bekomme ich denn so schnell einen Ersatzmann her? Ach Michel, lieber Michel kannst du nicht…? Bitte, bitte, sei so lieb und spring´ für mich ein.“ Michel wäre nicht Michel, wenn er jetzt nicht helfen würde und so heftet er sich die Startnummer an die Brust und unter den Rufen der herbeigeeilten Igelkinder saust er auf dem Parcour weiter.
Er kann noch den Hirschkäfer überholen und sogar den Waschbär hinter sich lassen, aber es reicht nicht für einen Einzelsieg. Dafür belegt der Igelclan in der Mannschaftswertung aber immerhin noch Platz 3.
Bei dem abendlichen Fest überreicht die Eule den Siegerkranz an Knickohr und der erklärt mit feierlicher Miene: „Aus besonderem Anlass hat sich die Jury zu einer weiteren Preisvergabe entschlossen. Michel, kommst du bitte zu uns hoch?“ Hamster Michel ist erstaunt und tippelt etwas verlegen auf die Bühne. „Michel, heute wollen wir dir den Ehrenpreis für sportliche Kameradschaft verleihen, den du dir für deine spontane Hilfe verdient hast. Und da wir alle deine Vorlieben kennen, haben wir uns etwas ganz spezielles Ausgedacht.“ Michel traut seinen Augen kaum, als Pieksi gemeinsam mit ihren Kindern eine Riesenrübe auf die Tribüne rollt. „Viel besser als ein Lorbeerkranz“, wispert ihm die Igeldame zu und Michel blickt verzückt auf die leckere, saftige Rübe, die er nun ganz alleine vernaschen darf.
© Heidemarie Andrea Sattler
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