Begegnung im Frühling - Kindergeschichte Drucken

Die Sonne schickte zaghaft ihre Strahlen auf das kalte Land und am Himmel gaben sich die grauen Wolken ein Stell-dich-ein um in nächsten Moment von einem kräftigen Windstoß davon getrieben zu werden. Die Frühlingsblumen zweifelten noch an dem richtigen Zeitpunkt ihres Erwachens und so streckte das kleine Gänseblümchen nur sehr zögerlich seinen Blütenkopf aus dem Gras und rieb sich verschlafen die Augen.
"Oh, bin ich denn doch noch zu früh?", fragte es ängstlich und blickte vorsichtig umher.


 
Keine andere Blume war zu sehen, nur das leicht vermooste Gras erhob stumm seine Stängel in die kühle Luft.
"Ach, hätte ich doch bloß auf den Maikäfer gehört und hätte meinen Kopf nicht so vorwitzig aus dem Erdreich gestreckt. Keiner meiner Freunde ist da. Nicht einer von ihnen!"
Traurig senkte das Blümchen sein Haupt, als plötzlich eine barsche Stimme von oben erschallte.

"He, du kleiner Pimpf, was suchst du denn hier? Bist wohl zu früh aufgewacht? Mach dich fort und verschwinde, denn hier bestimme ich!"
Voller Angst hob das kleine Gänseblümchen seinen Blütenkopf und spähte hinauf. Über ihm, da an der Regenrinne hing ein mächtig dicker Eiszapfen, der nicht im Traum daran dachte dem Frühling das Feld zu räumen.
"Ha, ha, ja hier oben. Da guckst du aber, gell? Mir gehört der ganze Garten und dich habe ich keinesfalls eingeladen. Wenn du nicht bis morgen in der Frühe deine Wurzeln und Blätter zusammengerafft hast und hier verschwunden bist, wird es dir gar nicht gut ergehen", drohte er mit grimmiger Miene und präsentierte seine eisige Gestalt, die in der Sonne glänzte.
Vor lauter Schreck hatte unser Gänseblümchen die kleinen Blätter eingerollt und fühlte sich einsamer als je zuvor.
"Wo sind denn nur all die anderen Frühlingsblumen. Wo sind denn nur meine Freunde?, fragte es sich unsicher und duckte sich ganz platt auf den Erdboden. An diesem Abend konnte es erst sehr spät einschlafen und hatte einen schrecklichen Albtraum von drohenden Eiszapfen mit scharfen Zähnen. So war es nicht verwunderlich, dass es erst zur fortgeschrittener Stunde, um die Mittagszeit, erwachte.
Nasse Tropfen platschten dem Pflänzchen ins Gesicht.
"So ein scheußliches Wetter und umziehen muss ich auch noch", bemerkte es mit deprimiert klingender Stimme und ließ ganz zerknittert die Blätter hängen.
"He, hallo, du kleiner Langschläfer! Auch schon wach?", fragte freundlich ein helles Stimmchen.
Verdutzt wendete sich das Blümchen um und war sprachlos. Die Wiese war übersät von blühenden Gänseblümchen, die freudig ihre Köpfchen der Sonne entgegenstreckten.
"Oh, schnell, wir müssen hier weg, sonst macht der eisige Riese seine Drohung war", rief warnend unser Gänseblümchen und schaute ängstlich zu dem vermeintlichen Feind empor.
Doch da hing nichts mehr außer ein paar nassen Wassertropfen, die in der Sonne glitzerten.



 
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