Beziehungskiste • Kurzgeschichten
Die Tequila-Zitrone Drucken

"Nie will ich ohne dich sein", rief er ihr zu.
"Ja, liebster, gleich bin ich bei dir", seufzte sie erwartungsvoll und verzog etwas ihr Gesicht, als sie daran denken musste, dass dieses Salz immer schon vor ihr ein Rendezvous mit ihm hatten.

© Heidemarie A. Sattler
 
Margarita Drucken


Gestern hatten wir unser erstes Date. Deine anfängliche Kühle zog mich sofort in ihren Bann und ich liebte die erfrischende Art mit der du mich unterhalten hast. Ein spritziges Temperament mit gehaltvoller Note offenbartest du mir an diesem Abend und ich genoss es in Zügen. Schade nur, dass du so früh entschwunden warst. Zurück blieb nur der Geschmack des Meeres am Glasrand.
Der Barkeeper, der uns beobachtet hatte, zwinkerte mir zu und meinte:
"Zum Glück hat sie noch viele Schwestern!"

© Heidemarie A. Sattler



 
Der Eisbär Drucken


Unruhig wälzte sich Jack im Bett umher. Das Laken klebte, wie in den Nächten zuvor,
auf seiner Haut und die Finger glitten auf der Suche nach ihr unwillkürlich neben seinen Körper. Der Blick verfing sich in den rotierenden Blättern des Ventilators und das gleichförmige Motorengeräusch zog ihn in den Strudel der Erinnerung. Heiße Nächte voller Liebestaumel und Glück.
„Ich bin dir ewig treu, du mein Eisbär“, hörte er sie zärtlich flüstern und die Gedanken an sie ließen seinen Puls immer noch schneller schlagen.
Schwer atmend strich er sich die nassen Strähnen aus dem Gesicht. Er dachte an die verwobenen Momente von Sehnsucht und Lust, die er in stiller Zweisamkeit mit ihr verbracht hatte.
„Einzigartige Glücksmomente“ hatte sie es genannt und sein Herz glaubte ihrem Lächeln. So kam es, dass sie seine Gefühle zum Schmelzen brachte. Und er? Seine Backenmuskeln spannten sich an und Jack presste die Lippen aufeinander.
„Ich lag ihr zu Füßen wie ein junger Hund und habe ihre Wünsche von den verführerischen Augen abgelesen!“, durchzuckte es ihn.
„Pass doch auf! Weißt du denn nicht, dass sie dich mit Haut und Haaren auffressen wird?“, mit diesen Worten versuchte sein bester Freund Joachim ihn vor ihr zu warnen.
Das war vor sechs Monaten gewesen und damals hatte er seinen Freund wütend vor die Türe gesetzt. Die Saat des Zweifels keimte erst, als die alte Dame vom Nachbarhaus mit Jack einen Plausch hielt und bemerkte:
„Sie sind so ein schönes Paar und ihre Freundin ist mir richtig sympathisch. Das Familienleben geht ihr wohl über alles, so lieb und herzlich wie sie mit ihren Brüdern verbunden ist!“
„Ihre Brüder?“, fragte Jack überrascht.
„Ja, aber natürlich“, berichtete die Nachbarin eifrig weiter. „Ich traf sie schon öfters im Park. Jede Woche begleitet sie ein anderer Bruder zum Einkaufen auf den Markt. Wie nett, nicht wahr? …und wie sie sich immer verabschieden.“
In ihrem Eifer stieg die Röte in ihre Wangen und schwärmend fügte sie noch hinzu:
„Eben eine Seele von Mensch! Ich freue mich so richtig für sie!“
Der letzte Satz drang kaum an seine Ohren, denn ein nagendes Gefühl von Eifersucht bahnte sich unaufhaltsam einen Weg zu seinem Herzen. So fing er an die Schritte seiner Liebsten zu überwachen und dabei verfolgte er sie bis in den Park. Dort wurde er ihrer Untreue gewiss und Jack ersinnte einen Plan.

Niemand vermisste sie, als sie nicht mehr auftauchte. In seinem Freundeskreis hieß es nur:
„Endlich, du wirst sehen, bald geht es dir besser“ und „So eine Tussi hast du nicht verdient, freue dich doch, dass du sie los bist, den eiskalten Engel!“
Nach geraumer Zeit kehrten seine Gedanken in die Gegenwart zurück. Mühevoll und noch leicht benommen richtete er sich auf, verließ sein Bett und ging schlurfenden Schrittes zu seinem PC.
„Heute werde ich mit allem abschließen, alles hinter mich lassen und neu beginnen“, hörte es sich murmeln und lächelnd tippte er die letzte Überweisung für seine neue Gefriertruhe in den Computer.
„Ciao, meine kleine Eisprinzessin, jetzt bist du für immer bei mir!“

© Heidemarie Andrea Sattler

 
Meeresrauschen Drucken



Gebannt starrte er in den Sonnenaufgang. Seine Füße, umspült von der Frische des Meeres, hinterließen Abdrücke in dem nassen Sand.
„Einfach weggewischt, Vergangenheit?“, so fragte er sich und sog gierig die Luft ein, als ob er die Momente in der Erinnerung noch einmal kosten wollte. Gedanken an sie, bruchstückhaft und doch intensiv, so wie der Geschmack des Meeres, den er so sehr liebte. Ja hier, hier hatten sie ihre erste Nacht verbracht. Verliebt im Taumel von Umschlungenheit, Anziehungskraft der Gegensätze. Haltlos, wie im Rausch der Wellen, die sich an den Klippen brachen.
„Nein, Zweifel hat es nie gegeben“, hörte er sich flüstern und seine Finger durchfurchten den Strand als ob es noch Spuren von ihr zu entdecken gäbe. Keiner von beiden hatte ein so unverhofftes Ende ihrer Zweisamkeit vermutet. Die Nachricht, dass sie durch einen Autounfall ums Leben gekommen sei, ließ ihn bei lebendigem Leibe erstarren. Eisige Kälte kroch durch seine Adern, gefühllos, ohne jegliches Bestreben glitt er durch die Tage und Monate dahin. Nach scheinbar endlos andauernder Zeit siegte die Erinnerung der Liebe in seinem Herzen und gewann den Kampf ums Überleben. Unauffällig hatte er seit diesen Tagen sein Dasein gefristet. Allein, er und das Meer. Alles änderte sich jedoch, als er im alten Seesack ihr Tagebuch fand. Immer und immer wieder, wie tosender Donner, hallten ihre geschriebenen Worte in seinem Kopf wieder:
„Liebe heißt auch loslassen“. Befreit von seinem selbstauferlegten Martyrium konnte er nun einen neuen Anfang wagen. Entdeckungsreise der Gefühle. Suchend stieß seine Hand auf eine Muschelschale. Die Finger zitterten ein wenig, als er sie zu sich nahm und ausgiebig betrachtete. Leicht beugte er seinen Körper nach vorne und küsste sie zärtlich. Ein Lächeln huschte über das nasse Gesicht, als er dem Wind die Worte anvertraute:
„Das Glück der Liebe schmeckt salzig!“

© Heidemarie Andrea Sattler


Diese Geschichte war der Ausgangspunkt für den  Beitrag "Himmel an Erde - Leuchtfeuer für dich", der in der Anthologie "Sternengrüße" veröffentlicht ist.
 
Held der Morgenstunde Drucken



Es gibt Tage, da merkt man schon morgens beim Aufstehen, dass es besser gewesen wäre im Bett zu bleiben. Der Weckruf des Radios erschallt einfach lauter als sonst und der Fußboden ist um mindestens fünf Grad kälter als gewöhnlich. Das Bett jedoch ruft lockend zu: "Kuschle mit mir, nur noch zehn Minuten!".
In solchen Momenten steckt sich die Nasenspitze wie von alleine unter den weichen Bettbezug, der verlockend mit einer warmen Umarmung zu einem verlängerten Stell-dich-ein lädt.
Aber es hilft alles nichts! Vorsichtig und unendlich langsam tasten meine Zehen nach den Pantoffeln unter dem Bett und weichen erschrocken vor dem kalten Laminat zurück. Nach einem erneuten Anlauf ist auch der Eingang zur zweiten Schuhöffnung gefunden und leicht wankend erhebe ich meinen Körper. Unendlich langsam, zeitlupengleich, verlasse ich mit einem Seufzer das Schlafzimmer und mich übermannt ein Gefühl der Schlaffheit, so als ob ich am Vortag eine Party gefeiert hätte und dabei um mindestens zwanzig Jahre gealtert wäre. Schlurfend schleppe ich meine müden Glieder ins Bad und lasse die allmorgendliche Waschprozedur über mich ergehen. Ein Blick in den Spiegel und ich stelle fest, dass die Frisur heute noch weniger so sitzt wie man es sich vorgestellt hat. Nachdem der Versuch des Stylings hinter mir liegt und ich mein heutiges Outfit angelegt habe, beschleicht mich ein nasses Gefühl am linken Socken.
"Natürlich, kaum was verkleckert und exakt den richtigen Schritt getan!", höre ich mich brummen. Also wieder raus aus den Socken.
"Oh, nein, nicht das noch!". Gerade jetzt gibt der Strumpfgummi seinen Geist auf und hängt labberig an mir herunter. "Toll", rufe ich laut und bin jetzt schon richtig verärgert. Aber es hilft nichts! Noch mal alles von vorne. Endlich! Erleichtert und triumphierend, mit stolz geschwellter Brust erreiche ich das Treppenhaus und will nach unten eilen als mir eine Stimme zuruft:
"Schatzi, was machst du denn für einen Lärm? Komm bitte wieder zu mir ins Bett, heute ist doch Feiertag!"
© Heidemarie A. Sattler


 


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